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MULTIMEDIALE MUSIK PERFORMANCE MIT ZWEI KOMPOSITIONEN
Ein meditatives Herbstkonzert von Hans-Karsten Raecke mit Dias von Wolfgang Günther

Feudenheimer Anzeiger, 18. Dezember 1999

„Auch diejenigen Besucher, die anfangs skeptisch waren, reagierten begeistert", freute sich Hans-Karsten Raecke, Komponist, Interpret und „Mehrkämpfer" im Bereich „Neue Instrumentenkunst". Ein überschaubarer, aber interessierter Kreis ließ sich im Bonhoefferhaus von seinen phantasievollen Klängen mitnehmen ins Reich der Elemente und in sein neustes Stück „Blau". Die visuelle Komponente zu seiner Klangwelt gestaltete Wolfgang Günter mit seinen gemalten und fotografierten Dias. Raecke inszenierte „Elemente" als reizvolles Schattenspiel. Hinter der Leinwand sitzend, zauberte er magische und meditative Stimmungen mit seinem selbstgebauten Pfeifentopf, mit Tabak und Lauge, verstärkt durch live-Elektronik. Würziger Tabakduft mischte sich mit jazzinspirierten Tonfolgen eines Raucherblues, mal hoch hinauf, mal tief herab schwingend, mit metallharten Zupfrhytmen verstärkt. Dia-Überblendungen schufen ein Panorama aus Glut und Feuer, Felsen, Eis, Wasser und Wolken und wurden zum Teil einer ganzheitlichen Musik zum Nachdenken aber auch zum Schmunzeln. Schattenriß und Überblendtechnik mit 56 Dias prägen auch sein neustes Werk, das die Farbe Blau für Augen und Ohren erlebbar macht. Abstrakte und reale Ansichten setzte Raecke dabei mit seinem wichtigsten Instrument, der Blas-Metall-Dosen-Harfe, in meditative Empfindungen um. Durch eine Verdopplung der Bilder, die in derselben Zeit wie bei „Elemente" gezeigt wurden, entstand ein filmischer Effekt. Wolfgang Günther hat sich mit dieser Farbe fotografisch intensiv auseinandergesetzt und sie als Motiv vorgeschlagen. Gemeinsam suchten die Künstler Motive aus und brachten sie in eine Reihenfolge. Im Gegensatz zu „Elemente", das Hans-Karsten Raecke nach einem festen Plan spielte, gibt es bei „Blau" nur ein Grundmotiv, das am Anfang, in der Mitte und zum Schluß Eckpunkte zu abstrakten Bildern setzt, die an ferne Galaxien erinnern. Dazwischen spontan improvisierte „breaks", mit denen Raecke die Stimmung der realistischer werdenden Bilder wie Eiskristalle, Wasserfall oder Mond musikalisch einfing, sie zuordnete, variierte. Trotz des Tempos entstand eine meditative Stimmung, in die mit Live-Elektronik erzeugte Geräuschkaskaden hineinprasselten. So unterbrach er bewußt die friedliche Stimmung eines Hochsitzes im Wald, indem er eine Angelsehne über die Saiten zog. Schön klingende Musik zu einem harmonischen Mandala kontrastierte er mit „Häßlicher" zu einer Art Erdgeschwür. Diese Spannung zwischen Schönheit und Bedrohlichkeit ist ein wichtiges Element der Kunst. Siee stellt für das Publikum die Verbindung zum realen Leben her, das in eben dieser Spannung verläuft. So suggerierte er beim einer Mücke und seiner Hand mit einem surrend und quietschend gezogenen Stahlstrang Geräusche, bei denen man den vermeintlichen Stich zu spüren glaubt. Beeindruckt von diesem ungewöhnlichen Musikerlebnis stellten die Zuhörer Fragen wie nach den Instrumenten und der Live-Elektronik, bei der Raecke über Effektgeräte aktiv die Originalklänge der Blas-Metall-Dosen-Harfe verändert und damit den Klangraum erweitert. „Eigentlich schade", bedauerte der Künstler, daß die Bereitschaft, sich einmal von Unbekanntem überraschen zu lassen, immer mehr verloren geht“. Das Publikum, das seine Musik selber erlebte, konnte dem nur zustimmen.