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SPRACHE, STIMME UND VIELE NEUE KLÄNGE Hans-Karsten Raeckes Klangwerkstatt-Musiktage zum zwölften Mal in Mannheim

Kritik von Uwe Engel, aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom 7.10.2003

Das gute Dutzend ist voll: Zum zwölften Male fanden in Mannheim die Klangwerkstatt-Musiktage statt. In fünf Konzerten in der Galerie der Alten Feuerwache präsentierten der Komponist, Improvisator und Musikinstrumente - Erfinder Hans-Karsten Raecke und seine Mitstreiter in gewohnt interessanter und familiärer Atmosphäre avantgardistische Musik- und Sprachereignisse abseits aller Dogmen und gängigen Strömungen.

Im Mittelpunkt standen diesmal nicht die originellen, mitunter skurrilen mechanischen oder elektronischen Instrumente von Raecke, standen überhaupt keine Musikinstrumente, das Generalthema lautete vielmehr „Sprache im musikalischen Kontext“. Um die Sprache also ging es, um die menschliche Stimme und um Texte. Dennoch oder gerade deswegen geriet dieser Klangwerkstatt-Jahrgang zu einem der besten seit Begründung des Festivals. Auf dem Programm standen größtenteils Vertonungen von Texten, die sich nicht zur Vertonung im traditionellen Sinne eignen, Texte von Außenseitern, die in Deutschland verboten, verpönt, verrufen waren.

Den Auftakt bildete die Uraufführung eines einstündigen musikdramatischen Werkes von Raecke, seiner Vertonung von Heinrich Heines Gedichtzyklus „Deutschland, ein Wintermärchen, wo Heine aus dem Pariser Exil heraus die politischen Zustände in Deutschland und die mittelmäßige zeitgenössische Literatur kritisiert. In ihrer Prägnanz und ihrem Witz, sind Heines Gedichte noch heute von größter Wirkung. Raecke hat sie adäquat umgesetzt, als Komponist, Sänger, Darsteller und Pianist in einer Person. Bei der Ausgestaltung von Heines Poesie bedient er sich aller Formen abendländischer Musikkultur: Rezitativ und Arie, literarisches und – vor allem – Kabarettchanson, das romantische Kunstlied klingt an und der Weillsche Songstil, Märsche und Volkslieder werden parodiert.

Raecke beschränkt sich dabei keineswegs aufs bloße singen und Rezitieren, er agiert auch als Darsteller, marschiert bei seinem Spottlied aufs Militär, begibt sich bei einem Schlaflied mit Kopfkissen ins Innere des Flügels. Auf diesem klangerweitertem, sprich mit allerhand Schrauben und Ähnlichem präparierten Flügel erzeugt Raecke nebst den angestammten auch Gamelan- und Trommelklänge, Donnern, Pfeifen und Heulen. Eine überaus spannende, ebenso unterhaltsame Aufführung und nach einhelliger Auffassung des Publikums das Beste, was Hans-Karsten Raecke je gemacht hat.