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Klavier trifft Dosen-Harfe
Klangtüftler Raecke und Pianist Münch erstmals gemeinsam in Mannheim

Uwe Engel, Die Rheinpfalz / Nr. 84 - Samstag, 8. April 2006

Eine musikalische Begegnung voller Kontraste, aber auch überraschender Berührungspunkte war das Konzert mit Hans-Karsten Raecke und Martin Münch in der Alten Feuerwache in Mannheim. Der Mannheimer Klangtüftler und der Heidelberger Pianist spielten erstmals zusammen.

„Klangwerkstatt"-Leiter Raecke ist bekannt als Erbauer ungewöhnlicher Instrumente und skurriler elektronischer Klangerzeuger. Münch ist Pianist und Komponist, Leiter des Neckar-Musikfestivals und Gründer der Jahrhundertwende-Gesellschaft. Die frühen Kompositionen Münchs, der bei Wolfgang Rihm studiert hat, sind stilistisch dem beginnenden 20. Jahrhundert verhaftet. Einige dieser älteren Werke, aber auch neuere stellte er an diesem Abend vor.

Dieses Nebeneinander von spätromantischen Klängen und Raeckes Kompositonen und Improvisationen auf seinem eigenen Instrumentarium schuf reizvolle Gegensätze, zeigte aber auch erstaunliche Gemeinsamkeiten auf. Das optisch wie akustisch auffallendste Instrument Raeckes ist die Blas-Metall-Dosen-Harfe, ein Gebilde aus Rohren, Dosen, Drähten und Metallzungen. gezupft, gestrichen, geschlagen, durch die Live-Elektronik verstärkt und moduliert, entstehen unterschiedlichste Klänge. Alles zu hören etwa in dem Stück „Solar". Der Klang der Dosen-Harfe eignet sich auch bestens, einen Text zu begleiten, und so hatte sich als Dritter Ralph Dutli dazugesellt. Der in Heidelberg lebende Lyriker rezitierte zu Raeckes Musik eines der verrätselt-suggestiven Gedichte von Ossip Mandelstam, den er übersetzt hat. Andere Instrumente Raeckes sind das Gummiphon, eine Art Saxophon, das aus Gummisyphons von Waschbecken zusammengebaut ist, und das Zug-Metalluphon, das ein Staubsaugerrohr und Teile einer Taschenlampe verwendet.

Martin Münch ist ein großartiger Pianist und Komponist. Ersteres bewies er mit der Wiedergabe von zwei Poemes von Alexander Skrjabin und der ersten Gnossiene von Erik Satie, letzteres mit einem Überblick über seine eigenen Klavierkompositionen. Die noch im Stil des Impressionismus komponierten Stücke Opus 1 des Teenagers sind mehr als nur Talentproben, die romantischen Stücke Opus 11 und die exorbtant schweren Etüden Opus 9 sind mit großer Meisterschaft komponierte Charakterstücke. Die „Capriccios" Opus 13 sind bereits in der Moderne beheimatet. Und mit seinen „Entspannungsanwandlungen" Opus 39 für Klavier, Blas-Metall-Dosen-Harfe, Zug-Metalluphon und Sprecher ist Münch endgültig in der Klangwelt Raeckes angelangt.